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DIE IMPFUNG DES JUGENDBEWUSSTSEINS

DAS GESCHICHTSNARRATIV DES TRANSHUMANISMUS


Es hat wohl noch nie eine Buchserie gegeben, bei der schon das Cover des ersten Bandes mit dem Siegel «UNSTOPPABLE US» versehen war. Das spricht von einem beachtlichen Selbstbewusstsein des Autors und von seiner Gewissheit, die dem Projekt zugrundeliegende Mission gegen alle Widerstände durchsetzen zu können.


Ein 2022 erschienenes Buch für die Jugend als Welterfolg

Es handelt sich um das im Frühjahr 2022 erschienene Jugendbuch: „Wie wir Menschen die Welt eroberten“. Drei Fortsetzungen sollen folgen. Autor ist Yuval Harari, Geschichtsprofessor an der Universität Jerusalem, Berater von Klaus Schwab, Bill Gates, Barak Obama u.a., Inspirator der Elite des Weltwirtschaftsforums und der Technologieoligarchen, Vordenker des Transhumanismus, der durch seine beiden Weltbestseller „Homo Sapiens – eine kurze Geschichte der Menschheit“ und „Homo deus“ bekannt wurde. So wie die beiden zuletzt genannten Werke ist das Jugendbuch in den drei Jahren seit der Veröffentlichung in 65 Sprachen (!) übersetzt und 45 Mio. Mal verkauft worden (Stand  Dezember 2024). Ein solcher Welterfolg ist nicht allein der Genialität eines Autors zu verdanken. Er mag den Zeitgeist getroffen oder diesen in kurzer Zeit entschieden mitgeprägt haben, was allerdings ein einzigartiger Sonderfall wäre. Was ebenso naheliegt ist die Vermutung, dass dieser Erfolg der generalstabsmässigen Planung einer Gruppe von Menschen zu verdanken ist, zu deren Agenda die flächendeckende Verbreitung der hier verkündeten Ideen gehört. Dies ist einer allgemeinen Impfung des Bewusstseins einer ganzen Generation vergleichbar.


Wir erinnern, wie das Pandemieregime der WHO nach langjähriger Vorbereitung in wenigen Tagen alle Regierungen der Welt zum Stilllegen des gesamten sozialen Lebens und zur Übernahme der Einschränkung der Bürgerrechte veranlassen konnte. Ein noch nie dagewesener Vorgang, der nicht zu stoppen war (!). Den gleichen Gestus finden wir bei der völlig harmlos auftretenden Jugendbuchreihe: Auch sie soll nun nicht mehr zu stoppen sein – Unstoppable eben!


Schauen wir auf den Moment der ersten Herausgabe: Frühjahr 2022. In Europa ist es zugleich das plötzliche Ende des Lockdowns und der harten Pandemiemaßnahmen. Eine über viele Monate eingesperrte Jugend wird in die Normalität entlassen. Doch die Zeit hat ihre Spuren hinterlassen. Viele Jugendliche sind traumatisiert, verängstigt, vereinsamt, verunsichert.


Was bedeutet Menschsein? - Hararis Antwort

Die erste Frage, mit welcher der Autor seinen Dialog mit dem jungen Leser beginnt, ist die folgende:

„Menschsein, was heisst das. Warum ist Erwachsenwerden so schwer?“

Das betrifft die zentralen Fragen, die jeder junge Mensch ständig in sich bewegt, die Frage nach sich selbst, nach Herkunft und Zukunft, nach dem Sinn des Lebens, nach den eigenen Idealen. Und nun höre man die Antwort des Autors:

„Weil wir so viele Möglichkeiten haben. Du kannst in deinem Leben unzählige Dinge tun, von denen Tiere nicht einmal träumen können: Computerspiele erfinden, ein neues Medikament entwickeln (!), eine Marsexpedition leiten,oder den ganzen Tag vor dem Fernseher hocken. Wir Menschen haben fast unbegrenzte Möglichkeiten. Und genau deshalb ist es manchmal so verwirrend, ein Mensch zu sein.“

Mit dieser lebensfremden Botschaft verschafft sich Harari Zutritt zu den damals wie heute verunsicherten Jugendlichen. Keine Hilfe, keine Orientierung, keine Unterstützung bei der Sinnsuche.


Auf der zweiten Seite folgt schon die nächste Fehlleitung der Sinnsuche, die sich dieses Mal moralisch gibt: Da ist von der grossen Macht die Rede, die wir als Menschen im Unterschied zu den Tieren besitzen.

„Das ist ganz schön viel Macht. Macht, die Gutes oder Schlechtes bewirken kann.  Und  deshalb sollst du dir klar werden, was das für eine Macht ist, die wir als Mensch besitzen.“

Es ist die „Sapienssuperkraft“, die Fähigkeit, sich Geschichten auszudenken und durch gemeinsame Geschichten grössere Menschengruppen zur Kooperation zu bewegen.


Der Sieg des Stärkeren - Ein darwinistisches Menschenbild

Im ersten Kapitel entfaltet der Autor sein darwinistisches Menschenbild:

„Wir Menschen sind auch nur Tiere … unsere Geschichte beginnt vor ururlanger Zeit, vor Millionen von Jahren – als die Menschen noch ganz gewöhnliche, ziemlich unscheinbare Tiere waren. … Der frühe Mensch war immer noch ein ziemlich unscheinbares Tier unter vielen …[Dann] verwandelte sich der Mensch in das gefährlichste Tier der Welt. … Das hat [ihn] den Neandertalern, den Löwen und den Elefanten überlegen gemacht und zum gefährlichsten Tier der Welt aufsteigen lassen.“

Hier wird der Jugend die Idee eines ungeschminkten Sozialdarwinismus als historische Wahrheit verkauft: Der Stärkere wird sich durchsetzen. Harari weiß zu erzählen: Grosstiere und andere Menschenarten wurden vom Homo Sapiens rücksichtslos ausgerottet.


Von einer moralischen Kategorie ist auf den 175 Seiten des Buches nicht an einer einzigen Stelle die Rede. Religionen werden mit dem Glauben an Gespenster und Zombies, Vampire und Feen gleichgesetzt.  Ihr  Ursprung:

Unsere Fähigkeit, uns Sachen vorzustellen, die es nicht gibt. Unsere Gabe, Geschichten zu erfinden und weiterzuerzählen. Wir sind das einzige Tier, das sich Legenden, Märchen und Mythen ausdenken und an sie glauben kann.“

Das wird mit abenteuerlichen Hypothesen belegt: 1939 fand man in der Stadel-Höhle in Baden-Württemberg eine Menschenstatue mit Löwenkopf aus Mammutelfenbein, die man auf ein Alter von 32.000 Jahre schätzt. Es erscheint an dieser Stelle eine groteske Phantasiegeschichte, die alle religiösen Vorstellungen ins Lächerliche zieht.

„Stellt euch vor: Hoch oben in den Wolken lebt der Geist des Grossen Löwen. Wenn ihr brav macht, was er von euch verlangt, werdet ihr nach eurem Tod ins Geisterreich aufgenommen und bekommt so viele Bananen, wie ihr essen könnt: Gehorcht ihr ihm nicht, frisst euch ein grosser Löwe alle auf.“

Es sind in der Folge dieser absonderlichen „Kulturtheorie“ nicht nur die frühen Stammesreligionen, sondern auch die grossen Weltreligionen, denen jeder ernsthaft zu erwägende Realitätshintergrund abgesprochen wird.


Freude an der Zerstörung religiöser Empfindungen

Man kann geradezu von einer Freude an der Zerstörung religiöser Empfindungen sprechen. Die Vertiefungsmöglichkeit der Seele durch Kultur und Religion liegt ausserhalb des Vorstellungsvermögens des Autors. Das Einzige, was für ihn zählt ist die „Science“, sind die Biowissenschaften, ist die Gehirnforschung. Vor diesem Hintergrund kann auch von der Individualität des Menschen in dem gesamten Buch keine Rede sein. In der wenige Jahre zuvor veröffentlichten Schrift Homo Deus hiess es:

„In den letzten Jahrzehnten jedoch sind die Biowissenschaften zu dem Schluss gekommen, dass diese liberale Geschichte    (der menschlichen Individualität) pure Mythologie ist. Das einzige authentische Ich ist genauso real wie die unsterbliche christliche Seele, der Nikolaus und der Osterhase. Wenn ich wirklich tief in mich hineinblicke, löst sich die scheinbare Einheit, die wir für selbstverständlich erachten, in eine Kakophonie widerstreitender Stimmen auf, von denen keine mein wahres Ich ist. Menschen sind keine Individuen. Sie sind ‚Dividuen‘“ (Homo Deus, Seite 446).

Im Zentrum des von Harari proklamierten Menschenbildes steht die Abstammungslehre. Zur Erklärung der Identität reicht die DNA:

„Auch die Zellen in deiner Spucke, deinen Knochen und deinen Haarwurzeln enthalten Kopien dieses Bauplans.“

Beliebigkeit familiärer Bindungen und Beziehungen

Zu dieser seelisch-geistigen Entwurzelung des Menschen tritt auch eine Infragestellung der Bindungen eines Kindes an Mutter und Vater. Harari spekuliert über das Leben in Steinzeitfamilien. Es ist ein Gedankenexperiment, dem die jungen Leser über Seiten folgen müssen:

„Ein Mann, eine Frau und ihre drei Kinder könnten in der ersten Hütte gewohnt haben. In der Nachbarhütte lebte vielleicht eine Frau mit ihren zwei Kindern und ihrem aktuellen Freund, mit dessen zwei Kindern. In der Hütte Nummer 3 eine alleinerziehende Frau mit ihrem Kind. In der Hütte Nummer 4 eine Frau mit ihren drei Kindern und ihrer neuen Freundin. In Nummer 5 drei Senioren ohne Kinder. Und in der Nummer 6 ein Single-Mann … Wenn sich zwei aus der WG ineinander verliebten, stellten sie einfach ihre Betten in dieselbe Hütte – fertig … Und wenn es irgendwann vorbei war mit der grossen Liebe, brauchte man keinen teuren Scheidungsanwalt, der entschied, welcher Partner die Hütte und welcher die Einrichtungsgegenstände behalten durfte. … Doch ob es tatsächlich so war, oder ganz anders, das wissen wir nicht.“

Harari beflügelt damit die Jugendphantasie mit Vorstellungen der absoluten Beliebigkeit in Beziehungen, der Bindungslockerheit und verpackt diese Vision der völligen Überwindung der Einbettung der Kindererziehung in eine leibliche Familie in eine historische Studie mit ausdrücklich wissenschaftlichem Anspruch.


Die Kritik ist begeistert

Was aber sagen die Kulturträger in 65 Ländern dieser Erde zu diesen eindeutigen Übergriffen auf das Bewusstsein einer ganzen Jugendgeneration? Die Kritik jubelt:

  • „Die Geschichte der Menschheit,, mitreißend,   inspirierend, erfrischend anders erzählt von Yuval Harari … mit viel Witz, unwiderstehlichem Charme und einer Menge an schrägen Ideen. Wer sich bisher dem Bann von Hararis Büchern hat entziehen können, der wird jetzt kapitulieren.“ (Orel Füsli)

  • „Eine tolle Buchreihe, die zum eigenen Denken und Begreifen anregt, für alle ab 10.“ (SWR)

  • „Das Buch ist spannend für (Schul-)Kinder, aber auch ein guter Einstieg für deren Eltern, die sich noch nicht mit Harari beschäftigt haben.“ (Handelsblatt)

  • „Wie ein Geschichtenerzähler am Lagerfeuer spricht der Autor die Kinder direkt an, stellt ihnen Fragen, um sie einzubeziehen, und beschreibt in lebendigen Bildern die Entwicklungsstufen und den Alltag unserer Vorfahren.“ (Spiegel)

  • „Yuval Noah Harari hat Millionen Erwachsenen die Geschichte der Menschheit erklärt. Hier erzählt er, warum sich jetzt auch Kinder für Neandertaler ... interessieren sollte.“ (Zeit Magazin)


Hier wird der groß angelegte Versuch unternommen das Bewusstsein einer ganzen Jugendgeneration mit materialistischen Vorstellungen zu impfen, es so zu manipulieren, dass Menschen ihre geistig seelischen Wurzeln verlieren, sich an falsche Ziele binden, fraglos den Offenbarungen und Projekten der „Science“ vertrauen, um zuletzt als steuerbare Wesen ohne freien Willen Regierungen zur Verfügung zu stehen, die sie mit Erzählungen (Narrativen) in großen Massen lenken und verwalten können.


Was lässt sich dem neuen Darwinismus entgegensetzen?Wie sollen wir vor dem Hintergrund einer solchen Offensive als Eltern, als Pädagogen reagieren?


Zuweilen ist das Erkennen das Einzige, was wir solchen Angriffen entgegensetzen können. Erkennen entlarvt dieAbsichten, es zeigt aber noch nicht den Stern, der uns in die richtige Richtung weist.


Was setzen wir dem neuen Darwinismus Hararis entgegen? Welche Literatur kann die geleugneten Erkenntnisfähigkeiten, kann den freien Willen, kann das Wissen von der geistigen Wesenheit des Menschen stärken. Hier zwei Buchempfehlungen, die wärmstens zu empfehlen sind. Es handelt sich um die Arbeiten von Valentin Wember: „Vom Willen zur Freiheit“ und „Von der Kraft des Verstehens“. Beide Bücher haben den Untertitel: „Eine Philosophie für die Jugend“. Sie basieren auf der Philosophie der Freiheit von Rudolf Steiner. Leider waren sie seit einigen Jahren vergriffen, doch hat der Autor auf unsere Bitte hin den erstgenannten Titel Anfang 2025 neu herausgebracht.


Ein drittes lange vergriffenes Buch sollte dringend nachgedruckt werden. Rudolf Steiner hatte es empfohlen als Lektürefür jede 4. Klasse. Es ist „Der gute Gerhard“ von Rudolf von Ems. Es entfaltet ein spirituell offenes, moralbildendesMenschenbild.


Dieser Aufsatz soll in einem Aufruf enden: Harari beschäftigt eine Kooperative von 17 Menschen, die die Aufgabe haben, das Grundwerk Homo deus in Jugendliteratur zu  übersetzen,  dazu  Heerscharen  von Übersetzern, Verlegern, Druckern und Buchhändlern. Seine finanziellen Ressourcen sind unbegrenzt. Könnte nicht ein Fond eingerichtet werden, aus dessen Mitteln der Neudruck, die Information (Werbung) und die Verteilung der genannten Bücher finanziert werden können? Sponsoren mögen sich bei dem Autor dieses Artikelsmelden.



Christian Breme, Studium der Architektur, Bildhauerei und Pädagogik. 35 Jahre Waldorflehrer. Heute Dozent an verschiedenen Hochschulen, zu Themen der plastisch erarbeiteten Embyrologie und der Beziehungskunde. Autor im Ikaros Verlag Basel.

 

Website: www.ikaros-verlag.ch   

Der Beitrag erschien in erWACHSEN&WERDEN 04/25, April 2025


1 Comment


Alexander
May 18

Man kann Hararis Werke kritisch sehen. Kritik ist jedoch bei allen Büchern angebracht. Sich eine eigene Meinung zu bilden zu können, ist eine der wichtigsten Fähigkeiten die Jungendliche entwickeln. Dazu gehört die Auseinandersetzung mit unterschiedlicher Literatur. Auch wenn Harari von Darwinismus schreibt, ist der Vorwurf des Sozialdarwinismus in keiner Weise, besonders nicht aus dem zitierten Text, nachvollziehbar. "Der gute Gerhard" ist bei Reclam verfügbar. https://www.reclam.de/detail/978-3-15-019589-5/Rudolf_von_Ems/Der_guote_G__rhart___Der_gute_Gerhart

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