Versöhnungskraft zwischen Menschen
- Christoph Hueck
- 29. Mai
- 2 Min. Lesezeit
Vom Segen des friedenschaffenden Gesprächs
Von Christoph Hueck

Bei dem nachfolgenden Text handelt es sich um das Editorial derJuni-Ausgabe von erWACHSEN&WERDEN - erscheint online am 1. Juni 2025
Ich erinnere mich noch gut, wie ich 1983 in Bonn auf der Hofgartenwiese zusammen mit Hunderttausenden gegen die Nachrüstung mit Pershing II Mittelstreckenraketen demonstrierte. Damals gab es eine große und aktive Friedensbewegung. Im Oktober 1983 demonstrierten über 1 Million Menschen in ganz Deutschland gegen die Nachrüstung. Heinrich Böll war eine führende Stimme gegen die Militarisierung, und viele Intellektuelle – Günter Grass, Wolf Biermann, Robert Jungk, die Grünen-Mitgründerin Petra Kelly – sowie etliche Vertreter der beiden großen Kirchen („Schwerter zu Pflugscharen“!) unterstützten die Proteste.
Damals war die Erinnerung an den 2. Weltkrieg, das unsagbare Leiden und die schrecklichen Zerstörungen, noch allgegenwärtig. Mit dem Aussterben der letzten Augenzeugen dieser Zeit scheint die Kraft dieser Erinnerungen heute ganz verblasst zu sein. Wie ist es sonst zu erklären, dass sich kaum öffentlicher Widerstand gegen die Pläne und Aktivitäten einer ungeheuren, im Nachkriegsdeutschland nie gekannten Aufrüstung regt? Während das Parlament 500 Milliarden (!) Rüstungsgelder beschließt, bleibt es – bis auf vereinzelte Proteste – still.
Stattdessen sind die meinungsmachenden Medien voll von kriegstreiberischer Rhetorik, wird der angeschlagenen deutschen Autoindustrie vorgeschlagen, auf den Bau von Panzern umzustellen, steigen die Aktienkurse der Rüstungsunternehmen, wie man es sonst nur von Google und Co. kennt.
Selbstverständlich wird das Rüstungsfieber mit dem Argument begründet, dass allein dadurch der Frieden erhalten werde. Aber würde man auch so reden, wenn man morgen selbst in den Fronteinsatz ziehen müsste? Wenn deutsche Städte wieder in Schutt und Asche lägen? Wenn die Befürworter der Rüstung ihre eigenen Kinder in den Krieg schicken müssten?
Haben wir denn aus dem 20. Jahrhundert nicht gelernt, dass Kriege zu nichts anderem als zu unsäglichem Leid führen? Menschen können – und müssen – miteinander reden, statt die jeweils anderen zu verteufeln. Auch, wenn sie scheinbar zunächst in „fremden Zungen“ sprechen, können sie sich verständigen. Dadurch lassen sich die meisten Konflikte auch ohne gegenseitiges Abschlachten bewältigen.
An die Versöhnungskraft und den Segen des offenen, aufrichtigen und direkten Gesprächs – zwischen Menschen und auch zwischen Mensch und Natur – möchten wir gerade zu Pfingsten mit verschiedenen Beiträgen dieses Heftes erinnern.
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