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Frieden?! Frieden durch Krieg?

Aktualisiert: 29. März

Von Antje Bek



Bei dem nachfolgenden Text handelt es sich um das Editorial der April-Ausgabe von erWACHSEN&WERDEN - erscheint online am 1. April 2025


„Die Ukraine muss den Krieg gewinnen!“[1] – postete die CDU einen Tag nach der Bundestagswahl auf X. Warum muss die Ukraine den Krieg gewinnen? Es ginge um einen „gerechten Frieden“, wird uns dort mitgeteilt.


Frieden durch Krieg? Schon wenn wir in den Mikrokosmos einer Klassengemeinschaft schauen, können wir erkennen, dass zwischen Kindern kein Frieden entsteht, indem sie handgreiflich werden oder sich prügeln. Verantwortungsbewusste Pädagogen werden Kinder anhalten, ihre Konflikte mit zunehmendem Alter nicht mehr körperlich, sondern mittels angemessener Kommunikation auszutragen und auszuhandeln. Dabei wird es auch immer darum gehen, Verständnis für den Blickwinkel und das Erleben des Gegenübers zu entwickeln.


Dass Frieden nie durch Krieg erreicht wurde und wird, sondern auf ganz anderem Wege erreicht werden muss, hat Rudolf Steiner mitten im 1. Weltkrieg folgendermaßen formuliert:

„Nein, meine lieben Freunde, dasjenige, was ein ewiges Friedensideal ist, das wird niemals durch ein Tröpfchen Blut erreicht, das hervorgerufen worden ist durch ein Kriegsinstrument. Das muß auf ganz andere Weise in die Welt gesetzt werden! Und sei es wer immer, der da sagt, er kämpfe für den Frieden und müsse deshalb Krieg führen, Krieg bis zur Vernichtung des Gegners, um Frieden zu haben - er lügt, wenn er sich dessen auch nicht bewußt ist, wer er auch immer sein möge!“[2]

Immer offensichtlicher wird die Lüge im allgemeinen Weltgeschehen. Doch der Weg zum Frieden ist keineswegs ein banaler. In diesem Heft wird aus verschiedenen Blickwinkeln auf das Thema „Wege zum Frieden“ geblickt.


Mischa Starostin, ein russischer Waldorflehrer, macht darauf aufmerksam, welche Rolle Mitgefühl und Mit-Leiden mit Menschen gleich welcher Nation spielen.


In dem Spruch, den wir in jedem Heft veröffentlichen, geht es um die Möglichkeit durch Meditation einen Weg zum eigenen inneren Frieden zu finden, der dann seine Wirksamkeit in der Welt entfalten kann.


Neu aufgenommen in die Zeitschrift haben wir längere Zitate aus dem Werk Rudolf Steiners. Bei einem dieser Texte wird einleitend auf ein Friedensprojekt mitten im 1. Weltkrieg hingewiesen, an dem Menschen aus verschiedenen Nationen, die zur gleichen Zeit in Hass und Feindschaft Krieg gegeneinander führten, gemeinsam arbeiteten: Der Bau des ersten Goetheanums in Dornach.


Und schließlich Anthroposophie selbst als ein Weg zum Frieden, für den beispielhaft die 14 Vorträge, die Rudolf Steiner anlässlich des 1. Lehrerkurses 1919 vor Eröffnung der Waldorfschule in Stuttgart hielt, genannt seien. Unter dem Titel „Allgemeine Menschenkunde als Grundlage der Pädagogik“[3] veröffentlicht sind sie eine Einladung der Frage nach dem Wesen des Menschen nachzugehen: Was ist der Mensch? – So der Titel des Beitrages von Svenja Herget. Diese Frage weist auf den Weg zur allgemeinen Menschenliebe hin, womit kein diffuses, vergängliches Gefühl gemeint ist.


Das Studium des genannten Lehrerkurses kann sich durch Vertiefung mittels Meditation in Empfindungen verwandeln, die uns einen neuen Zugang zum Menschen, insbesondere auch zum sich entwickelnden Menschen ermöglicht: „Dann sind Sie mit den Kindern eins“ [4], so Rudolf Steiner. Leicht wird es einem nicht gemacht, denn das Mitdenken, Durchdenken und Verstehen der ungewohnten Gedanken, die Rudolf Steiner dort äußert, benötigt Anstrengung des Willens.


Frieden wird es nur geben, wenn wir mehr und mehr das Wesen des Menschen und damit auch der Menschheit, die Rudolf Steiner als einen Organismus betrachtete, erkennen lernen und daraus Menschenliebe entwickeln.

 

 

[2] Rudolf Steiner, Zeitgeschichtliche Betrachtungen. Das Karma der Unwahrhaftigkeit – Erster Teil, Vortrag vom 18. Dezember 1916, GA 173, Dornach 1978, S. 221.

[3] Rudolf Steiner, Allgemeine Menschenkunde als Grundlage der Pädagogik, GA 293, Dornach 1992

[4] ebd., S. 157


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